Was sind die typischen Reaktionen in der ersten Trauerphase?


Trauer ist ein schmerzhafter Prozess, der mit einer Reihe von Emotionen und Gefühlen einhergeht. Diese Gefühle können sich insbesondere in der ersten Trauerzeit gleichzeitig oder sich auch innerhalb von Stunden oder Tagen abwechseln.

1. Nicht-wahr-haben-wollen
Der Tod eines geliebten Menschen geht insbesondere in der ersten Trauerphase häufig mit einem Gefühl der Unwirklichkeit einher. Die Hinterbliebenen fühlen sich wie betäubt und haben Schwierigkeiten diese neue Wirklichkeit in ihr bisheriges Leben zu integrieren.

2. Trennungsschmerz
Die Trennung von der verstorbenen Person ist eines der am häufigsten Symptome der Trauer. Der Verlust wird nicht nur als psychischer Schmerz von den Trauernden wahrgenommen, sondern auch als körperlicher Schmerz. Der Trennungsstress wird von einer großen Sehnsucht und Suchen nach der verstorbenen Person begleitet. Die Gedanken und Gefühle drehen sich fast ausschließlich um den Verlust. Häufig entsteht bei den Trauernden das Gefühl, dass ein Teil von ihnen ebenfalls gestorben ist. Bilder oder Erinnerungsstücke lösen starke Gefühle und Weinen aus und verstärken das Sehnen nach der verstorbenen Person.

3. Traurigkeit
Traurigkeit nach dem Verlust einer geliebten Person äußert sich allem voran durch Niedergeschlagenheit und dem Gefühl einsam zu sein. Die Betroffenen weinen viel und die Zukunft ohne die verstorbene Person erscheint ihnen ohne Perspektive. Die Traurigkeit ist von negativen Gedanken begleitet, die vorwiegend in Zusammenhang mit der verstorbenen Person stehen (z.B. „ich werde nie wieder ohne ihn glücklich sein“) oder den sich durch den Tod entwickelten Lebensumstände („es macht keinen Sinn mehr morgens aufzustehen“).

4. Wut und Zorn
Starke negative Gefühle von Wut und Zorn können sich sowohl gegen die verstorbene Person richten, als auch gegen eventuelle Schuldige am Tod. Zorn gegen die verstorbene Person ist ein Phänomen, welches relativ häufig insbesondere in der ersten Trauerphase auftritt. Die Fragen „Warum ist gerade mein Kind gestorben?“ oder „warum gerade ich?“ spiegeln die Verzweiflung wieder, welche Trauernde erleben können. Das Gefühl alleine zurückgelassen worden zu sein, ruft Verzweiflung und Hilflosigkeit hervor. Das Gefühl von Wut ist insbesondere bei Hinterbliebenen von Suiziden ein dominantes Gefühl. Das Unverständnis, weshalb der Verstorbene einem einen solchen Schmerz zugeführt hat, kann sich über einen längeren Zeitraum nach dem Tod erstrecken.


Literaturempfehlung
Wagner, B. (2013). Komplizierte Trauer. Springer, Wien & New York




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Maira Gall