Neue Buchveröffentlichung- Psychotherapie mit Trauernden

Samstag, 14. November 2020

Das Thema Trauer kommt in Psychotherapie und Beratung häufig vor, sei es als auslösender Faktor einer Depression, sei es als belastendes Lebensereignis neben der Therapie anderer Störungen oder auch als eigenständige psychische Störung, wenn die Trauer eine verlängerte oder komplizierte Form annimmt. Wie können Betroffene in solch einer schwierigen Lebensphase professionell und doch einfühlsam begleitet werden?
Mein neues Buch bietet einführende Grundlagen zu verschiedenen Trauerformen und deren diagnostischen Kriterien. Der Schwerpunkt liegt auf der Praxis: Themen sind u.a. Traueranamnese, Behandlungsplanung und therapeutische Beziehung mit Trauernden, Psychoedukation, Selbsterfahrung mit Trauern. Besonders fokussiert wird auf psychotherapeutische Verfahren, die bei Trauernden angewendet werden können. Ausführliche Fallbeispiele beschreiben die jeweilige Methode und bieten eine praxisnahe Darstellung. Arbeitsmaterialien unterstützen die Umsetzung im Praxisalltag.

Wagner, B. (2019). Psychotherapie mit Trauernden. Grundlagen und therapeutische Praxis. Beltz-Verlag.
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5 Strategien im Umgang mit der Trauer

Donnerstag, 12. November 2020

Der Tod eines geliebten Menschen ist eine der schmerzhaftesten Erfahrungen, die wir Menschen erleben. Der Tod kann mitunter völlig unerwartet das Leben der Hinterbliebenen dramatisch verändern. Ein Autounfall oder ein plötzliches Herzversagen kann einen Menschen plötzlich aus der Mitte des Lebens reißen, ohne dass sich die Angehörigen in irgendeiner Form auf den Abschied vorbereiten konnten. Aber auch der Tod nach einer längeren Erkrankung bereitet die Hinterbliebenen oft nicht besser auf den unerwarteten Schmerz vor.

In einer Studie wurden 433 verwaiste Eltern befragt, wie lange sie Zeit gehabt hätten sich intellektuell und emotional auf den Tod ihres Kindes vorzubereiten, welches nur noch eine begrenzte Überlebenszeit hatte (Valdimarsdottir et al., 2002). Das heißt, wie viele Stunden oder Tage vor dem Tod des Kindes nahmen sie bewusst wahr, dass ihr Kind sterben wird. 26% der Eltern berichteten von einem sehr kurzen Zeitraum (< 24 Stunden) von intellektuellem Bewusstsein, dass ihr Kind sterben würde. Hingegen gaben 45% der Eltern an, dass sie erst weniger als 24 Stunden vor dem Tod emotional wahrnahmen, dass ihr Kind die Krankheit nicht überleben wird.

Der Tod eines geliebten Menschen kann die Hinterbliebenen in einem emotionalen Ausnahmezustand hinterlassen, und viele Trauernden wissen nicht wie diese starken Gefühle einzuordnen sind, oder wie sie damit umgehen sollen. Im Folgenden werden die wesentlichen Schritte beschrieben, wie man in dieser ersten Trauerphase Halt finden kann.

1. Sich Zeit nehmen. Nehmen Sie sich die Zeit zum Trauern und lassen Sie Ihre Gefühle von Traurigkeit, Schmerz oder Wut zu. Diese intensiven Gefühle sind normal und werden sich im Laufe der Zeit abschwächen.

2. Trauerrituale. Entwickeln Sie schon relativ früh Trauerrituale (z.B. ein regelmäßiges Aufsuchen eines Ortes, der für Sie viel bedeutet, abendliches Anzünden einer Kerze). Diese Zeit ist dafür reserviert sehr intensiv an die verstorbene Person zu gedenken und wird Ihnen helfen Struktur in Ihren Alltag zu bringen.

3. Selbstfürsorge. Versuchen Sie sich nach den ersten Wochen der Trauer langsam wieder selbst zu versorgen, indem Sie einen Spaziergang machen oder anfangen für sich selbst ab und zu zu kochen.

4. Soziales Netzwerk aktivieren. Lassen Sie sich von Freunden und Ihrem sozialen Netzwerk helfen. Manchmal fällt es Freunden oder Nachbarn schwer mit der Trauer anderer umzugehen und fühlen sich oft ratlos, wie sie sich verhalten sollen. Deswegen bitten Sie Ihre Freunde auch direkt um Hilfe und Unterstützung!

5. Langsam angehen lassen. Muten Sie sich nicht zu viel zu! Überlegen Sie sich, wann es der richtige Zeitpunkt sein kann, wieder zu arbeiten. Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber und ihren Kollegen, wie sie mit Ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz umgehen sollen. Vielleicht ist es eine gute Idee, zunächst stundenweise wieder zu arbeiten. Klären Sie ab, wie Ihre Kollegen mit Ihnen umgehen sollen.


Literaturempfehlung

Wagner, B. (2013). Komplizierte Trauer. Springer, Wien & New York


Woran erkennt man eine Depression?

Mittwoch, 11. November 2020


Eine Depression  macht sich manchmal erst sehr langsam für die Betroffenen bemerkbar. Häufig geht einer Depression eine stressige oder auch belastende Zeit voraus. Vielleicht schläft man nachts schlechter als sonst, oder man zieht sich von anderen Menschen zurück, weil einem der Antrieb fehlt.
Depressionen verlaufen in Episoden und können mehrfach im Leben auftreten. Derartige Episoden dauern unter Umständen Wochen, manchmal auch Monate, insbesondere dann, wenn die Patienten nicht konsequent behandelt werden. Die Beschwerden betreffen in der Regel diese drei Bereiche: 
  1. psychische Beschwerden
  2. körperliche Beschwerden 
  3. zwischenmenschliche Probleme
Im folgenden möchte ich Ihnen diese Beschwerdebereiche kurz vorstellen.

1. Psychische Beschwerden
Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit sind die dominierenden Gefühle: eine Hilflosigkeit gepaart mit einer Angst, dass das die Traurigkeit oder die innere Leere nicht mehr aufhört. Viele Patienten berichten auch von ständigen Angstgefühlen. Angst es nicht zu schaffen oder Angst ein Versager zu sein. Hinzu kann eine starke Verzweiflung kommen und ein Gefühl der Unfähigkeit, überhaupt noch Gefühle empfinden zu können ("Ich spüre nichts mehr").
Besonders prägend sind selbstabwertende Gedanken und ständiges Grübeln. Gedanken wie beispielsweise "ich werde es nie schaffen" oder "es war klar, dass mich niemand auf der Party anspricht" treten typischerweise auf. Depressive Menschen neigen zum ständigen Grübeln, welches sich in einer stark selbstabwertenden Haltung gegen sich selbst auszeichnet.  Häufig können auch Suizidgedanken auftreten.

2. Körperliche Beschwerden
Antriebslosigkeit
Typische körperliche Beschwerden der Depression sind Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Vor allem die erlebte Antriebslosigkeit verhindert eine aktive Teilnahme am sozialen Leben. Schon kleinste Aufgaben wie beispielsweise Einkaufen gehen oder Wäsche waschen, wird als Anstrengung erlebt. 
Aber auch Appetitstörung mit Gewichtsverlust können Symptome einer Depression sein.
Schlafstörungen
Ein wichtiges Warnsignal für den Beginn oder einen Rückfall einer Depression stellen aufkommende Schlafstörungen dar. Manche Menschen können nachts nicht einschlafen, andere wiederum wachen in der Nacht mehrfach auf und können nur noch schwer in den Schlaf zurückfinden. Durch das nächtliche Grübeln wird der Teufelskreis der Schlafstörung aufrechterhalten.

3. Probleme im zwischenmenschlichen Bereich

Die negative Sicht auf sich selbst, eine Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit haben häufig sozialen Rückzug aus dem sozialen Umfeld  als Konsequenz. Aber auch das verhalten der Betroffenen, das heisst die Unfähigkeit Gefühle oder Liebe zu empfinden, bedeuten eine große Belastung für die nahestehenden Angehörigen der depressiven Person. Oft fühlen sich die Betroffenen durch Kleinigkeiten gestört, was dann häufig als Reizbarkeit zum Ausdruck kommen kann. Dies kann zu Kontaktabbrüchen führen und aufgrund des beeinträchtigten Selbstwertgefühls des Depressiven hat er nun erst recht das Gefühl, dass er nicht gemocht oder wertgeschätzt wird.

Die kognitive Verhaltenstherapie für Depression versucht mit einzelnen Interventionen alle drei Problembereiche des depressiven Patienten zu bearbeiten. Die kognitive Verhaltenstherapie zeigt insbesondere bei leichter bis mittelgradiger Depression sehr gute Behandlungseffekte. Bei einer schweren Depression wird eine Kombination aus Psychotherapie und Antidepressiva empfohlen.


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Sport als Antidepressiva?

Samstag, 29. Februar 2020

Die stimmungsaufhellende Wirkung von Sport ist inzwischen sehr gut belegt und die neuesten Studiendaten zeigen, dass Bewegung und Sport unabhängig vom Intensitätsgrad eine antidepressive Wirkung aufweisen. Den besten antidepressiven Effekt hat das Ausdauertraining. Es gibt zwei Theorien, welche diesen positiven Effekt erklären. Ein Ansatz kommt aus der kognitiven Neuropsychologie, welcher besagt, dass die präfrontalen Hirnregionen durch die sportliche Betätigung weniger aktiviert werden und dadurch das depressive Grübeln zwangsläufig abnimmt (Stoll & Ziemainz, 2012). Ein weiterer Ansatz geht davon aus, dass durch die sportliche Bewegung das Neurotransmittersystem aktiviert wird.


Welche Wirkung zeigt das Laufen?

In einigen Studien bewirkt das Laufen ähnliche Effekte im Gehirn, wie beispielsweise Antidepressiva (Brené et al., 2007, Blumenthal et al., 2007). Während Antidepressiva häufig starke Nebenwirkungen aufzeigen (z.B. Müdigkeit, emotionale Taubheit, Übelkeit, Libidoverlust), zeigt das Laufen nur geringe Nebenwirkungen auf. Das Ausdauertraining bewirkt eine starke körperliche Aktivierung, die insbesondere dem typischen Symptom der Antriebslosigkeit erfolgreich entgegen wirkt.


Was versteht man unter einem Ausdauertraining?

Ausdauertraining ist die gesündeste Art Sport zu treiben und bedarf auch keinen großen finanziellen Aufwand. Joggen, Schwimmen, Radfahren oder Walking sind auch ohne Kosten möglich. Wichtig ist hierbei die Regelmässigkeit in der Durchführung um tatsächlich eine antidepressive Wirkung durch Sport zu erzielen. Unterbrechungen lassen Trainingseffekte schnell schwinden.


Wie häufig muss ich trainieren?

Die bisherigen Studien geben die folgende Empfehlung um einen antidepressiven Effekt zu erzielen:
  • Mind. 6-8 Wochen 
  • 3-5-mal pro Woche 
  • Trainingsdauer: 30-60 Minuten


Für Neueinsteiger können aber auch bereits 15 Minuten ausreichend sein. Wichtig ist, von Anfang an, dass Sie sich nicht überfordern und eine Sportart aussuchen, die Ihnen liegt. Erst die Zeit oder den Umfang, dann langsam die Intensität erhöhen. Geben Sie ihrem Körper Zeit sich an das Training anzupassen. Beginnen Sie mit dem Sport schon heute!


Therapeutische Empfehlung

In meiner eigenen therapeutischen Arbeit mit depressiven Patienten habe ich beobachtet, dass die Einbindung von Bewegung und Sport ein wichtiger Grundbaustein für die Behandlung der leichten bis mittelschweren Depression sein kann. Die Patienten entwickeln durch die regelmäßige Bewegung nicht nur mehr Lebensenergie, sondern auch das schöne Gefühl etwas zu schaffen und entwickeln ein besseres Selbstbewusstsein. Wenn sich depressive Patienten weniger antriebslos und ermüdet fühlen, ermöglicht dies die eigentliche therapeutische Arbeit an negativen schwierigen Lebensereignissen, depressivem Grübeln oder negativen Denkmustern (z.B. „ich bin wertlos“, „niemand nimmt mich wahr“). Das heißt Bewegung und Sport können eine sehr gute ergänzende Therapie in der Behandlung der Depression sein.


Literaturempfehlung

Stoll, O. & Ziemainz, H. (2012) Laufen psychotherapeutisch nutzen, Springer-Verlag Berlin Heidelberg

4 Mini-Interventionen gegen Grübeln bei der Depression

Freitag, 28. Februar 2020


Unser Ich wird ein Leben lang durch eine innere Stimme begleitet, welche unsere Gefühle maßgeblich beeinflusst. Diese innere Stimme ist ein Strom nicht aufhörender Gedanken, die mal wohlwollend, aber auch negativ und selbstabwertend sein kann und uns den ganzen Tag über begleitet. Immer während bewertet und kritisiert die Stimme alles, was in unserem Alltag passiert und vergleicht uns mit anderen.
  • „Ich bin doch jetzt eigentlich an der Reihe“
  • „Was bedeutet das für mich, dass Herr Maier gekündigt hat?“
  • „Ich brauche mehr davon“
  • „Ich werde das nicht schaffen“
  • „Vielleicht sollte ich anrufen, um zu sehen, ob sie noch verärgert über mich ist“ 
  • „Wieso bekommt er mehr Zeit von unserem Chef eingeräumt als ich“
In der Psychologie hat diese innere Stimme über die Jahrzehnte viele verschiedene Namen erhalten: der innere Kritiker, das „Über-ich“ oder das „innere Kind“. Der Prozess, welcher der inneren Stimme zugeschrieben wird, wird als Grübeln, sich Sorgen, Schwarz-Weiss-Denken etc. bezeichnet. Die innere Stimme verhindert oftmals, dass positive Sichtweisen auf bestimmte Situationen. Dies ist besonders ausgeprägt bei Menschen die an einer Depression oder Angststörung leiden. Wie kann man mit der inneren Stimme umgehen? Ein wichtiges Merkmal der inneren Stimme ist es, dass sich die Gedanken vorwiegend um Themen der Vergangenheit oder der Zukunft kreisen. Das Konzentrieren auf das „hier und jetzt“ fällt jedoch oftmals sehr schwer. Im folgenden werde ich Ihnen eine Reihe von Mini-Interventionen vorstellen, welche die Art zu Denken beeinflussen können. Mini-Interventionen 1. Achtsamkeit. Versuchen Sie, wenn Sie einen negativen Gedanken wahrnehmen sich sofort auf die Gegenwart zu konzentrieren. Fragen Sie sich: „was sehe ich in diesem Augenblick?“, „was rieche ich gerade?“, „was höre ich in diesem Moment?“. Versuchen Sie ganz den Fokus auf das „hier und jetzt“ zu legen. 2. Gedanken sind nur Gedanken. Können Sie sich noch an Ihre Gedanken gestern Mittag um 12.00h erinnern? Ich nehme an, wenn keine außergewöhnliche Situation stattgefunden hat, werden Sie sich nicht mehr an Ihre Gedanken erinnern können. Stellen Sie sich folgende Metapher vor: Sie sitzen an einem ruhigen, dahingleitenden Fluss, auf dem Blätter eines Baumes an Ihnen vorbeifließen. Stellen Sie sich vor, diese Blätter sind Ihre Gedanken, die kommen und auch wieder vorbeiziehen. 3. Beendigung der Grübelschlaufe. Was bringt es weiter über ein Thema zu grübeln? Kommen Sie durch das Grübeln zu einer Lösung? Hat Sie das Grübeln in irgendeiner Form weitergebracht? Habe ich jetzt etwas durch das Grübeln verstanden, was ich vorher nicht verstanden habe? 4. Meditation. Regelmäßige Meditation kann uns dabei unterstützen, gedankenfreie Räume in unserem Alltag zu erleben. Die Grundprinzipien der Meditation sind:
  1. nicht bewerten
  2. emotionsfreie Beobachtung von Gefühlen und Gedanken
  3. Erleben des gegenwärtigen Momentes
  4. Wohlwollende Akzeptanz von schwierigen Lebenssituationen und sich selbst
Die Vorgehensweise ist relativ einfach: Beginnen Sie täglich mit einem 10-minütigen Sitzen mit geschlossenen Augen. Konzentrieren Sie sich ganz auf Ihren Atem (1-2-3- Einatmen-1-2-3-Ausatmen). Wenn Sie etwas mehr Übung in der Meditation haben, können Sie die Zeiten langsam steigern. Stellen Sie sich einen Wecker, so dass Sie nicht das Gefühl haben, Sie müssen auf die Uhr schauen.    

Hilfe nach Suizid - Ein Online-Programm für Angehörige nach einem Suizid

Donnerstag, 19. Dezember 2019

Unser neues Forschungsprojekt 'Hilfe-nach-Suizid' (www.hilfe-nach-suizid.de) hat 2018 begonnen und es können sich jederzeit interessierte Teilnehmer an dem Programm kostenlos anmelden.

Hilfe nach Suizid
In Deutschland sterben jährlich ca. 10.000 Personen durch Suizid. Studien gehen davon aus, dass mindestens 6-10 nahestehende Personen direkt durch einen Suizid betroffen sind und mit den psychischen Belastungen des Suizides zu kämpfen haben. Typische Reaktionen nach einem Suizid sind neben der Trauer beispielsweise das Gefühl von Schuld und Mitverantwortung am Suizid, eine eigene Suizidalität, Stigmatisierungserleben, aber auch psychische Erkrankungen wie beispielsweise die posttraumatische Belastungsstörung, Depression oder Suchterkrankungen. Häufig erleiden die Betroffenen lebenslange psychosoziale Belastungen (z.B. Arbeitsunfähigkeit, Frühberentung) als Folge des Suizides. Dennoch gibt es bisher nur wenige psychotherapeutisch geleitete Interventionen, welche sich spezifische nur an Hinterbliebene nach einem Suizid richten.

In den vergangenen Jahren wurden eine Reihe von internetbasierten Trauerinterventionen in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Birgit Wagner entwickelt, welche in Studien eine gute Wirksamkeit im Hinblick auf die Trauerverarbeitung nach dem Tod einer nahestehenden Person zeigten. „Hilfe nach Suizid“ ist ein Online-Programm für Angehörige, die den Tod einer nahestehenden Person durch einen Suizid betrauern. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert und findet unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Birgit Wagner und in Kooperation mit dem Bundesverband für Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister e.V. (VEID) und Angehörige um Suizid e.V. (AGUS) statt.

Das Programm ist eine niedrigschwellige kognitiv-verhaltenstherapeutisches Intervention, welches die spezifische Situation von Hinterbliebenen nach einem Suizid berücksichtigt und geografisch unabhängig von Betroffenen genutzt werden kann. Es ist somit gut von zu Hause durchführbar. Das Programm ist auch für diejenigen Betroffene nutzbar, die vor Ort keine Selbsthilfegruppe zur Verfügung haben oder derzeit nicht in der Lage sind, persönlich an einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen. Das Online-Programm findet im Gruppensetting in Form von Webinaren statt, welche von Psychologen geleitet werden.

Wie läuft das Programm ab?
Einmal pro Woche kommen feste Gruppen aus bis zu zehn TeilnehmerInnen zu einem gemeinsamen webbasierten Termin zusammen und tauschen sich unter der Begleitung einer psychologischen Psychotherapeutin und eines erfahrenen Selbsthilfegruppenleiters zu Themen aus, die für die Betroffenen wichtig sind. Dabei geht es zum Beispiel um den Umgang mit Trauer, Schuldgefühlen, der Sinn- und Warum-Frage oder der Frage, wie man über den Suizid des Menschen, um den man trauert, mit anderen Menschen sprechen kann. In den meisten Sitzungen wird zu Beginn ein Video gezeigt, in dem andere Betroffene von ihren Erfahrungen mit der Trauer berichten. Diesen Videos schließt sich eine Gruppendiskussion an. Für die Zeit zwischen den Sitzungen erhalten die TeilnehmerInnen Anregungen zu vertiefenden Übungen (z.B. Schreibaufgaben oder Entwicklung von Ritualen), die den Trauerprozess unterstützen sollen. Das Programm beinhaltet zwölf wöchentliche Sitzungen à neunzig Minuten. 

Wie kann man sich anmelden?
Interessierte Teilnehmer können sich über folgende E-Mail anmelden: kontakt@hilfe-nach-suizid.de
Weitere Informationen über das Programm finden Sie auf der Homepage: www.hilfe-nach-suizid.de


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Wie entsteht eine Panikstörung?

Donnerstag, 2. Mai 2019



Die erste Panikattacke tritt häufig plötzlich und ohne Vorwarnung ein, und die meisten Betroffenen haben das Gefühl sie verlieren die Kontrolle über sich und ihren Körper. Obwohl der erste Panikanfall augenscheinlich plötzlich aus dem „Nichts“ aufgetreten ist, haben die meisten Panikpatienten vorher eine längere Phase von Stresszuständen durchlebt. Dies können beispielsweise andauernde Konflikte im Arbeitsleben oder im familiären Bereich sein. Aber auch Doppelbelastungen, lange Arbeitszeiten und finanzielle Schwierigkeiten können eine dauerhaft erhöhte Stressreaktion bei den Betroffenen im Vorfeld einer ersten Panikattacke vorgelegen haben. 


1. Was sind Risikofaktoren für eine Panikstörung?
  • Vorangegangene belastende Lebensereignisse 
  • stressreiche Lebensumstände
  • Fehlende Problemlösestrategien, welche zu dem Dauerstress führten
  • Hohes Leistungsstreben
  • Nicht „Nein-Sagen“ können
  • Angeborene Kreislauflabilität (z.B. niedriger Blutdruck, Neigung zu Schwindel)
  • Übersensibilität gegenüber stickiger Luft (keine frische Luft kann zu falschen Erstickungsalarm führen!

Häufig wird der erste Panikanfall aufgrund seiner heftigen Symptomatik als Herzinfarkt interpretiert und die Patienten suchen eine Notaufnahme oder einen Arzt auf. Obwohl ein Panikanfall sich innerhalb von wenigen Sekunden entwickeln kann, klingt er aufgrund der Halbwertzeit der Stresshormone nur langsam wieder ab. Das heißt, ein Panikanfall kann sehr viel Angst auslösen und Studien belegen, dass bereits nach 2-3 Panikanfällen der Aktionsradius der Betroffenen kleiner wird. Sie vermeiden es zunehmend Orte aufzusuchen, an welchen sie die ersten Panikanfälle erlebt haben und im laufe der Zeit nimmt das Vermeidungsverhalten zu.


2. Die häufigsten Symptome während eines Panikanfalls:
  • Unregelmäßiger Herzschlag
  • Hitzewallungen
  • Beklemmungsgefühle
  • Starkes Zittern
  • Benommenheit
  • Schwitzen
  • Atemnot
  • Schmerzen in der Brust
  • Angst zu sterben
  • Angst vor Ohnmacht

3. Eine Panikattacke ist kein Herzinfarkt

Ein erster Schritt für einen gesunden Umgang mit Panikattacken ist es, dass Betroffene die typischen Merkmale einer Panikstörung nicht als Herzinfarkt oder allergische Reaktion interpretieren, sondern verstehen, wie ihr Körper in diesen Situationen reagiert. Der Körper befindet sich in einen Alarmzustand und bereitet sich auf einen „Notfall“ vor. Beispielsweise fängt das Herz an schneller zu schlagen oder die Atmung verschnellert sich, so dass mehr Sauerstoff in den Blutkreislauf gelangt. Das heißt, der Körper bereitet sich auf eine schnelle Flucht aus der bedrohlichen Situation vor (z.B. Supermarkt, U-Bahn), die der Mensch als eng und bedrohlich interpretiert. Die katastrophisierenden Gedanken in der angstauslösenden Situationen, spielen eine wesentliche Rolle in der Aufrechterhaltung der Angststörung (z.B. ich werde sterben“; „ich werde ohnmächtig“).

Typische Gedanken während eines Panikanfalls sind:


• Ich werde mich gleich übergeben
• Ich werde sterben
• Ich werde in Ohnmacht fallen
• Ich werde ersticken
• Ich werde einen Herzinfarkt bekommen
• Ich werde mich nicht kontrollieren können
• Ich werde verrückt werden
• Ich werde erstarren

Aus diesem Grund stellen die Bearbeitung dieser negativen Gedanken auch einen wichtigen Therapiebaustein dar.


4. Wie entwickelt sich ein Panikanfall zu einer Panikstörung?


Nach den ersten Panikanfällen verhalten sich Menschen in einer spezifischen Weise, welche eine spätere Panikstörung zur Folge haben kann.
  • Problematische Wahrnehmung und Bewertung von Körperempfindungen („ich werde hier nicht mehr herauskommen“; „ich falle um“)
  • Vermeidungsverhalten von Situationen, die eventuell einen Panikanfall auslösen könnten
  • Kontrollstrategien (z.B. Einnahme von Beruhigungsmitteln, Begleitung durch Familienmitglieder zum Arbeitsplatz)




Wie Sie am besten von Ihrer ersten Therapiestunde profitieren

Montag, 10. Dezember 2018

Die passende psychotherapeutische Unterstützung zu finden kann für Patienten ein schwieriger Prozess sein. Lange Wartezeiten, Unklarheit über die verschiedenen therapeutischen Richtungen (z.B. kognitive Verhaltenstherapie, Psychoanalyse) und Ängste sich einer fremden Person zu öffnen können Barrieren in der Therapeutensuche darstellen.

Sie haben dann einen ersten Termin vereinbart und Sie fragen sich vielleicht „Was wird von mir erwartet?“ oder „was soll ich von mir in den ersten 50 Minuten erzählen, dass die Therapeutin oder der Therapeut mich und meine derzeitige Situation versteht?“.


Hier sind einige Anregungen und Tipps, wie Sie am besten von dieser ersten Therapiestunde profitieren können.

1. Was soll ich erzählen?
Eine gute Psychotherapeutin/-therapeut wird Ihnen diese Sorge abnehmen und Ihnen die wesentlichen Fragen stellen, die für den therapeutischen Ablauf der ersten Sitzung wichtig sind. Das sind typischerweise Fragen zu Ihren derzeitigen Beschwerden (z.B. Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit, Ängste) oder weshalb Sie eine Psychotherapie aufsuchen. Sie werden ruhig durch das Gespräch geführt und können in entspannt über Ihre derzeitige Situation sprechen.

2. Was möchte ich durch die Therapie erreichen? Das ist eine wichtige Frage, welche für eine erfolgreiche Therapie wichtig ist. Je klarer Sie sich über Ihre Therapieziele sind, desto wahrscheinlicher wird es sein, dass Sie diese Ziele auch erreichen. Ihre Therapieziele können eher allgemeiner Natur sein (z.B. „ich möchte weniger traurig sein“), oder bereits schon sehr spezifisch (z.B. „ich möchte wieder U-Bahn fahren können, derzeit vermeide ich alle öffentlichen Verkehrsmittel.“). Therapieziele können sich auch im Verlauf der Therapie verändern.

3. Die Zeit zwischen den Therapiestunden.
Psychotherapie findet in der Regel einmal wöchentlich für 50 Minuten statt. Das ist relativ wenig Zeit, wenn man die gesamte Woche betrachtet. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, wenn die Themen, die in der Therapie besprochen wurden, auch in der restlichen Woche sowohl gedanklich als auch praktisch durch Übungen zuhause umgesetzt werden (z.B. Achtsamkeitsübungen, Entspannungstechniken, kleine Experimente). Studien zeigten, dass diese Übungen deutlich die Wirksamkeit von Psychotherapie erhöht. Psychotherapie ist also ein sehr aktives Vorgehen! Fragen Sie Ihre(n) Therapeutin/-ten nach Übungen, Fertigkeiten, die Sie zu Ihrer Problemlösung benötigen.

4. Krankenkasse etc.
Die Erstattungsmöglichkeiten von Krankenkassen können sehr unterschiedlich sein. Hier unterscheiden sich gesetzliche und private Krankenkassen wesentlich. Die meisten Psychotherapeuten klären diesen wichtigen Aspekt bereits vor dem Erstgespräch telefonisch mit Ihnen ab. Grundsätzlich sollte dieser Prozess (probatorische Sitzung, Konsiliarbericht, Therapieantrag bei der Krankenkasse) Thema Ihrer ersten Therapiestunde sein.

5. Machen Sie die Therapiestunden zu Ihrer Priorität.
Unsere Welt ist heute voller Verpflichtungen und oft werden gerade diese Dinge, die uns eigentlich gut tun und die für unser seelisches Wohlbefinden wichtig sind, hinten angestellt. Das heißt, nehmen Sie sich die Zeit für die Selbstfürsorge!



Was sind die typischen Reaktionen in der ersten Trauerphase?

Freitag, 7. Dezember 2018


Trauer ist ein schmerzhafter Prozess, der mit einer Reihe von Emotionen und Gefühlen einhergeht. Diese Gefühle können sich insbesondere in der ersten Trauerzeit gleichzeitig oder sich auch innerhalb von Stunden oder Tagen abwechseln.

1. Nicht-wahr-haben-wollen
Der Tod eines geliebten Menschen geht insbesondere in der ersten Trauerphase häufig mit einem Gefühl der Unwirklichkeit einher. Die Hinterbliebenen fühlen sich wie betäubt und haben Schwierigkeiten diese neue Wirklichkeit in ihr bisheriges Leben zu integrieren.

2. Trennungsschmerz
Die Trennung von der verstorbenen Person ist eines der am häufigsten Symptome der Trauer. Der Verlust wird nicht nur als psychischer Schmerz von den Trauernden wahrgenommen, sondern auch als körperlicher Schmerz. Der Trennungsstress wird von einer großen Sehnsucht und Suchen nach der verstorbenen Person begleitet. Die Gedanken und Gefühle drehen sich fast ausschließlich um den Verlust. Häufig entsteht bei den Trauernden das Gefühl, dass ein Teil von ihnen ebenfalls gestorben ist. Bilder oder Erinnerungsstücke lösen starke Gefühle und Weinen aus und verstärken das Sehnen nach der verstorbenen Person.

3. Traurigkeit
Traurigkeit nach dem Verlust einer geliebten Person äußert sich allem voran durch Niedergeschlagenheit und dem Gefühl einsam zu sein. Die Betroffenen weinen viel und die Zukunft ohne die verstorbene Person erscheint ihnen ohne Perspektive. Die Traurigkeit ist von negativen Gedanken begleitet, die vorwiegend in Zusammenhang mit der verstorbenen Person stehen (z.B. „ich werde nie wieder ohne ihn glücklich sein“) oder den sich durch den Tod entwickelten Lebensumstände („es macht keinen Sinn mehr morgens aufzustehen“).

4. Wut und Zorn
Starke negative Gefühle von Wut und Zorn können sich sowohl gegen die verstorbene Person richten, als auch gegen eventuelle Schuldige am Tod. Zorn gegen die verstorbene Person ist ein Phänomen, welches relativ häufig insbesondere in der ersten Trauerphase auftritt. Die Fragen „Warum ist gerade mein Kind gestorben?“ oder „warum gerade ich?“ spiegeln die Verzweiflung wieder, welche Trauernde erleben können. Das Gefühl alleine zurückgelassen worden zu sein, ruft Verzweiflung und Hilflosigkeit hervor. Das Gefühl von Wut ist insbesondere bei Hinterbliebenen von Suiziden ein dominantes Gefühl. Das Unverständnis, weshalb der Verstorbene einem einen solchen Schmerz zugeführt hat, kann sich über einen längeren Zeitraum nach dem Tod erstrecken.


Literaturempfehlung
Wagner, B. (2013). Komplizierte Trauer. Springer, Wien & New York




Die besten Selbsthilferatgeber für den Sommer

Mittwoch, 29. August 2018


Der Frühling st da und viele finden wieder Zeit ein Buch zu lesen und sich ein wenig um sich selbst zu kümmern. Sebsthilferatgeber können zwar keine Psychotherapie ersetzen, dennoch konnten Studien zeigen, dass Selbsthilferatgebern eine gute Wirksamkeit aufzeigen können, sofern sie nach den Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie entwickelt worden sind. Eine kleine Auswahl meiner Empfehlungen möchte ich in der Sommerliste für Selbsthilferatgeber vorstellen.

 1. Essattacken stoppen: Ein Selbsthilfeprogramm gegen Binge Eating. Christopher Fairburn. Einer der bekanntesten und ein gut evaluierter Selbsthilferatgeber für den Umgang mit Essanfällen ist dieser Ratgeber. Er bietet sowohl Informationen über die Entstehung von Essanfällen, als auch viele sinnvoll aufeinander aufgebaute Übungseinheiten, welche einen selbstständigen Umgang mit Essanfällen fördert.  



  2. Feeling Good: Depressionen überwinden. David Burns.  Ein klassischer Ratgeber für Depression, der inzwischen weltweit millionenfach verkauft wurde. Gut lesbare und übersichtliche Kapitel. Schritt für Schritt für Schritt werden dem Leser Übungen erklärt, welche sich mit den Themen Antriebslosigkeit, negativer Selbstwert, das Aufschieben von Tätigkeiten beschäftigen. Die Philosophie der "kleinen Schritte" ist ein zentraler Aspekt von david Burns. Auf jeden Fall ein sehr empfehlnswertes Buch, das ein guter Begleiter bei leichten depressiven Verstimmungen sein kann, oder im Rahmen einer Psychotherapie parallel genutzt werden kann.  
  3. Sorgenlos und grübelfrei. Korn & Rudolf. Dieser kleine und kompakte Ratgeber richtet sich speziell an die typischen Symptome einer Depression oder Angststörung. Ständiges Grübeln oder sich sorgen sind häufig Gedankenvorgänge, die für die Betroffenen mitunter nicht kontrollierbar erscheinen. Die Autoren geben hier sehr praktische Anleitungen wie man mit den Grübelgedanken auch anders umgehen kann.  
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Online-Therapie und -Beratung: Unsere neue Buchveröffentlichung ist erschienen

Dienstag, 3. April 2018


Online-Therapien bieten inzwischen eine alternative Behandlungsalternative zu Sprechzimmertherapien. Das neu erschienene Manual liefert eine praxisorientierte 
Darstellung kognitiv-verhaltenstherapeutischer Methoden sowie störungsübergreifender
Ansätze im internetbasierten Setting. Ziel des Buches ist es, die Anwendbarkeit von Online-Therapie und -Beratung aufzuzeigen. Damit soll ein praktischer Umgang mit dem Medium Internet als therapeutisches Einsatzfeld ermöglicht werden.

Das Buch gibt zunächst einen aktuellen Überblick über das Spektrum der Anwendungsbereiche neuer Kommunikationsmedien in der psychologischen Versorgung sowie über die Wirksamkeit von internetbasierten Therapie- und Beratungsansätzen. Es beschreibt, wie eine internetbasierte Diagnostik und Exploration durchgeführt werden kann. Anschließend wird detailliert und praxisorientiert dargestellt, wie kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden, z.B. kognitive Umstrukturierung, Exposition, sowie störungsübergreifende Ansätze zur Behandlung unterschiedlicher Störungsbilder (z.B.  PTBS, Depression, Essstörungen) im internetbasierten Setting zum Einsatz kommen können. 

Themenbereiche des Buches
  • Wirksamkeit online-therapeutischer Interventionen
  • Die therapeutische Beziehung in der Online-Therapie
  • Onlinebasierte Diagnostik
  • Exposition in der internetbasierten Therapie
  • Kognitive Techniken
  • Online-Therapie für Depression
  • Therapiemodule für Essstörungen
  • Biografisches Schreiben in der Online-Therapie
  • Online-Beratung

Abschliessend wird die Umsetzung einer internetbasierten psychologischen Beratung beschrieben. Die dabei verwendeten spezifischen Therapie- und Beratungstechniken werden anhand von Fallbeispielen erklärt. Schließlich wird auf den Umgang mit schwierigen Therapiesituationen eingegangen.


Knaevelsrud, C., Wagner, B. & Böttche, M. (2016). Online-Therapie und -Beratung. Ein Praxisleitfaden zur onlinebasierten Behandlung psychischer Störungen. Hogrefe

Erste Hilfe bei einem Panikanfall

Mittwoch, 3. Mai 2017


Angsttagebuch

Je besser Sie verstehen in welchen Situationen Ihre Angst auftritt, umso schneller werden Sie in der Lage sein mit diesen angstbesetzten Situationen in Zukunft umzugehen. Versuchen Sie jede Situation festzuhalten, in der Sie einen Panikanfall erlebt haben. Beschreiben Sie folgende Aspekte des Panikanfalls:
  • die Situation
  • die Tageszeit
  • Symptome, die während des Panikanfalls auftraten
  • Die Gedanken, die Sie während des Anfalls hatten
  • Ausmaß der Angst (0 = keine Angst; 10 = maximale Angst)

Beispiel eines Angsttagebuches einer fiktiven Patientin mit einer Paniksstörung


Durch das Festhalten der verschiedenen Situationen können Sie im Laufe der Zeit Muster erkennen, in denen ein Panikanfall eher vorkommt als in anderen Situationen. In dem oben dargestellten Angsttagebuch sehen Sie beispielsweise, dass die Patientin am 3. Tag nur eine schwache Ausprägung ihrer Angst erlebt, im Vergleich zu den anderen Tagen. An diesem Tag wurde die Patientin von ihrem Mann im Auto begleitet. Ein typisches Verhaltensmuster wäre hier zum Beispiel, dass die Panikanfälle eher auftreten, wenn die Patientin alleine unterwegs ist.

Entspannungs- und Atemübungen
Wenn Sie merken, dass ein Panikanfall sich möglicherweise ankündigt, versuchen Sie durch einfache Atem- und Entspannungsübungen wieder mehr Kontrolle über die Situation zu erhalten. Atem- und Entspannungsübungen sind wesentliche Bestandteile der Behandlung von Angststörungen. Es wird empfohlen diese Übungen mindestens drei Mal täglich durchzuführen. Das regelmäßige Üben hat den Vorteil ein generell höheres Entspannungsniveau im Alltag zu erreichen, aber auch in der Situation eines aufkommenden Panikanfalls eine Methode zur Hand zu haben, welche den Panikanfall eindämmt.

Atemübung
Nehmen Sie einen tiefen Atemzug durch Ihre Nase und zählen Sie bis 5. Lassen Sie dann den Atem langsam wieder durch Ihre Nase ausströmen. Versuchen Sie sich ganz auf das Zählen und den Atem zu konzentrieren. Versuchen Sie diesen Vorgang 10-15 mal zu wiederholen. Halten Sie während des Atmens die Hände auf den Bauch um Ein- und Ausatmung der Bauchmuskeln zu spüren.

Progressive Muskelanspannung (PMR)
Das Erlernen der progressiven Muskelanspannung ist in vielerlei Hinsicht eine sehr hilfreiche Methode für Patienten mit Angststörungen. Auch hier wird empfohlen das PMR regelmäßig mehrfach am Tag durchzuführen. Das Prinzip des PMR besteht aus der Anspannung und Entspannung der verschiedenen Muskeln. Sie können das PMR im Sitzen oder Liegen durchführen. Verschiedene Krankenkassen bieten kostenlose Audio-Files zum selbstständigen Üben und herunterladen an:

Techniker Krankenkasse (kurze und lange Version mit und ohne Musik):
https://www.tk.de/tk/broschueren-und-mehr/cd-und-dvd/cd-progressive-muskelentspannung/49432

Beenden Sie Vermeidungsverhalten!
Es ist sehr gut nachzuvollziehen, dass man Situationen vermeidet, welche in einem sehr starke körperliche und psychische Angstsymptome verursachen. Dennoch ist das Vermeidungsverhalten ein wesentlicher Aspekt dafür, dass sich eine Angststörung entwickelt und diese aufrechterhalten wird. Je mehr Patienten angstauslösende Situationen vermeiden (z.B. Vermeidung von Prüfungen bei Prüfungsangst), desto größer wird die Angst vor diesen Situationen.

Psychotherapie
Im Rahmen einer Psychotherapie lernen Sie mit den oben beschriebenen Themen umzugehen. Studien belegen der kognitiven Verhaltenstherapie nachweislich sehr gute Behandlungseffekte bei der Panikstörung und allgemein bei den Angststörungen. Klassische Bausteine der kognitiven Verhaltenstherapie sind beispielsweise:
  • Entspannungsverfahren
  • Umgang mit Vermeidungsverhalten
  • Erlernen von neuen Denkweisen im Bezug auf die Angsterkrankung
  • Rückfallprophylaxe

4 Schritte für eine bessere Kommunikation in Ihrer Beziehung

Samstag, 7. Januar 2017


Finden Sie immer die richtigen Worte, wenn es zu Konflikten in Ihrer Beziehung kommt? In einer Beziehung mit einer problematischen Kommunikation können schon die vergessene Milch oder die nicht ausgeräumte Spülmaschine eine Beziehungskrise auslösen.

Sie haben vielleicht das Gefühl Sie streiten sich über jede Kleinigkeit und die Gespräche werden mitunter immer ermüdender oder verlaufen sogar in einem aggressiv-genervten Tonfall. Ein Wort gibt das andere und Sätze wie beispielsweise „Du kümmerst Dich immer um nichts“ oder „das hast Du von Deinem Vater“ können die Beziehung unnötig in belasten.

Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Gespräche in Ihrer Beziehung immer häufiger in einer Sackgasse enden, können Ihnen diese 4 Schritte dabei helfen Ihren Partner oder Partnerin so zu begegnen, dass Sie sich in schwierigen Situationen gegenseitig besser wertschätzen und zukünftige Krisen vermeiden.

1. Aktives Zuhören

In Streitgesprächen bei Paaren kommt es häufig zu der Situation, dass einer der Partner versucht sein Recht durchzusetzen (z.B. das Recht auf mehr Aufmerksamkeit oder Zuwendung), während der andere vielleicht in einer Ecke schmollt und aufgehört hat sich an dem Gespräch aktiv zu beteiligen. Aktives Zuhören bedeutet, dass beide Partner sich gegenseitig zuhören und Interesse und Wertschätzung zeigen, was der andere erzählt. Dazu gehört Augenkontakt zu halten und tatsächliche körperliche Zeichen setzen, dass Sie Ihrer Partnerin oder Partner tatsächlich zuhören (z.B. Kopfnicken). Dies ist auch dann besonders hilfreich, wenn Sie nicht mit dem Gesagten einverstanden sind, oder die Gefühle unter Umständen auch nicht nachvollziehen können. Wenn Sie beide ein aktives Zuhören praktizieren, signalisieren Sie, dass Ihnen die Beziehung wichtig ist.

2. Kompromiss finden anstelle sein Recht durchsetzen
Beziehungen zum Lebenspartner basieren grundsätzlich auf anderen sozialen Regeln, als beispielsweise das Verhältnis zu Ihrem Vermieter oder Arbeitskollegen. Aus diesem Grund geht es selten darum sein Recht durchzusetzen, es sei den Sie befinden sich bereits in einer rechtlichen Auseinandersetzungen mit Ihrem Partner oder Partnerin. Der dahinterliegende Wunsch ist die Beziehung zu verbessern und aufrechtzuerhalten. Das Ziel eines Konfliktgespräches ist deswegen eine Einigung beziehungsweise einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Partner leben können.

3. Gefühle äussern
Machen Sie in dem Gespräch keine Vorwürfe, sondern beschreiben Sie Ihre Gefühle, die während des Konfliktes aufgetaucht sind („ich fühle mich sehr traurig, wenn ich sehe, dass .........). Dazu gehört auch das Vermeiden von Verallgemeinerungen („das war schon immer so mit Dir.....“). Wenn Sie bei dem konkreten Ereignis bleiben, werden Sie merken, dass es einfacher ist einen gemeinsamen Kompromiss für diese Konfliktsituation zu finden.

4. ‚Ich-Botschaften“
Konfliktgespräche können schnell in Vorwürfe münden, indem sich die Partner gegenseitig Vorhaltungen machen: „Du willst ja immer Recht haben“. Versuchen Sie in Zukunft Ihre Frustrationen umzuformulieren, indem Sie sagen: “Ich fühle mich nicht ernst genommen, wenn ......“ Dieses kleine Hilfsmittel kann das Gefühl fördern, dass beide Partner gleichwertig sind, und niemand als der Schuldige aus dem Gespräch geht.





Was haben terroristische Anschläge mit Suizidprävention zu tun?

Donnerstag, 11. August 2016


Im November 2009 nahm sich der bekannte deutsche Fussballstar Robert Enke sein Leben. Viele können sich noch an die ergreifenden Worte seiner Witwe erinnern, mit welchen sie sich kurz nach seinem Tod an die Öffentlichkeit richtete. Es war ihr wichtig Verständnis für die schwere Erkrankung der Depression bei den Menschen hervorzurufen. Den Medien hingegen ging es weniger um Aufklärung über die Depression als um einen Sensationsjournalismus, der in grosser Ausführlichkeit über die Art und den Ort des Suizides von Robert Enke berichtete. Die Berichterstattung fand über Wochen hinweg in fast allen grossen Online- und Printmedien statt. Das Verhalten der Presse stand allerdings eindeutig im Gegensatz zu dem Pressekodex des deutschen Presserates nach Ziffer 8:

 "Die Berichterstattung über Selbsttötung gebietet Zurückhaltung. Dies gilt insbesondere für die Nennung von Namen, die Veröffentlichung von Fotos und die Schilderung näherer Begleitumstände."

  Die Folgen des damaligen Verhaltens der Presse war noch mehrere Jahre nach dem Tod von Robert Enke in den Statistiken zu Suiziden in Deutschland nachzulesen: Die Bahnsuizide hatten sich in den darauffolgenden zwei Jahren um 18,8% erhöht im Vergleich zu den Jahren vor Enkes Tod (Hegerl et al., 2013). In einer neueren Studie (Koburger et al, 2015) konnte dieser Effekt sogar in vier europäischen Ländern nachgewiesen werden. Der sogenannte "Werther-Effekt" kann also jahrelange Folgen im Bezug auf Nachahmungseffekte haben, welche erst durch intensive Berichterstattungen über Suizide entstehen können.  Die heutige mediale Berichterstattung über terroristische Selbstmordanschläge oder Amokläufe hält sich allerdings keineswegs an die Vorgaben des Pressekodex und an fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Suizidprävention. Je detaillierter und ausführlicher über die Selbstmordanschläge und Amokläufe berichtet wird, umso mehr Nachahmer wird es in Zukunft geben. In Frankreich hat sich die Presse inzwischen darauf geeinigt keine Photos der Attentäter mehr zu veröffentlichen. Ein wichtiger Schritt, wenngleich nur ein kleiner erster Versuch die derzeitigen Möglichkeiten der sozialen Medien einzuschränken.  
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Maira Gall